Wie gefährdet ist die Demokratie durch die „Neue Rechte“?
Prof. Dr. Wolfgang Benz
Die Barbarei des NS-Regimes begann mit der Demagogie eines „Führers“, an dessen Verheißungen immer mehr Menschen glaubten. Sie begann auch mit Politikverdrossenheit und Verachtung von Demokratie und Toleranz. Das ist die deutsche historische Erfahrung, mündend in eine Erinnerungskultur, die von einer rabiaten Minderheit zunehmend abgelehnt wird. Die Frage lautet, ob wir aus der Geschichte gelernt haben, oder ob die abgedroschenen Phrasen des Nationalismus, der Ungleichheit der Menschen, des Rechts des Stärkeren, dass die alten Feindbilder mit neuen Adressaten wieder wirksam sind, dass sich dem alten Antisemitismus neuer Hass gegen Muslime zugesellt.
Die Gefährdung der Demokratie ist evident, wenn man die Parolen der Populisten einst und jetzt vergleicht. Durch das Ergebnis der Bundestagswahl in September 2017 war der Vortrag von brennender Aktualität. Es stellte sich die Frage, wie nach den verhängnisvollen geschichtlichen Erfahrungen mit dem Nationalsozialismus eine Partei mit eindeutig völkischen und rassistischen Tendenzen zum ersten Male in der Nachkriegsgeschichte Deutschlands ins Parlament gewählt werden konnte. Kann man Parallelen zu 1933 ziehen? Spielt hier die unbewusste transgenerationelle Weitergabe auf individuelle und politische Ebene eine Rolle? Wie wirkt sich die Geschichte der DDR aus? Müssen wir uns ernsthafte Sorge um unsere Demokratie machen?
Prof. Dr. Wolfgang Benz, geboren 1941, ist einer der bekanntesten deutschen Historiker der Nachkriegszeit. Er ist ein ausgewiesener Kenner des Holocaust und leitete bis 2011 das Zentrum für Antisemitismusforschung der Technischen Universität Berlin. Aktuell befasst er sich mit der neuen Entwicklung von Fremdenhass und Wutbürgertum. 2016 gab er das Buch „Fremdenfeinde und Wutbürger. Verliert die demokratische Gesellschaft ihre Mitte?“ heraus. Er hatte zahlreiche Gastprofessuren, u.a. in Australien, Bolivien und Mexiko und ist Autor und Herausgeber von vielen Publikationen zum Holocaust und zum Antisemitismus, u.a. „Der Holocaust“, 2014 oder „Antisemitismus. Präsenz und Tradition eines Ressentiments“, 2015, sowie von mehreren Buchreihen. Außerdem ist er Mitglied im P.E.N.
Diese Veranstaltung fand am 13. Oktober 2017 statt.