Gedenken an Opfer von SS-Massaker

Schüler erinnern sich als „Zweitzeugen“

Unser PAKH-Mitglied Maite Billerbeck, Vorständin vom Verein zur Förderung der Erinnerungskultur e.V., leitet das deutsch-italienische Schüleraustauschprojekt „Tikun Olam“

Wie kann das Erinnern an die NS-Zeit und den Holocaust fortgeführt werden, wenn Zeitzeugen nicht mehr davon berichten können? Im Rahmen des Projekts „Zweitzeugen“ erforschen junge Menschen nun ihre Familiengeschichten, tauschen sich aus und gedenken. So auch zwei Schülergruppen am Berliner Albert-Einstein-Gymnasium.
 
zum Beitrag von Andrea Everwien, rbb, 11. Oktober 2025

„Ich war schockiert angesichts des Schweigens in Deutschland“

PAKH-Mitglied Agnieszka Lessmann, Tochter eines jüdischen Holocaust-Überlebenden
in: Kölner-Stadtanzeiger, 7.10.2025

„Wir müssen uns unsichtbar machen, schweigen, unsere Identität verleugnen.“ Dieser Gedanke treibe seit dem 7. Oktober 2023 viele Jüdinnen und Juden in Deutschland um, sagt  Agnieszka Lessmann, „und auch viele Palästinenser“. Palästinenser werden gleichgesetzt mit Terroristen und Antisemiten, Juden mit der Politik Israels  oder gleich mit dem Teufel. An Geschäften hängen wieder Schilder mit den Lettern „Kein Zutritt für Juden“, wie kürzlich in Flensburg, in Köln tritt die Synagogengemeinde aus einem interreligiösen Friedensgebet aus, weil sie sich vom Dialog nach israelfeindlichen Mails ausgegrenzt fühlt…

Als gemeinsamer Feind, beeilt sich die besonnene Schriftstellerin fast zu sagen, würden von der rechtsextremen Propaganda in ganz ähnlicher Weise Palästinenser und Muslime dargestellt: „Fanatiker, Terroristen, Messerstecher – mit diesen Diffamierungen wird Politik gemacht.“ Das sei besonders beängstigend in einer Zeit, in der „mit Lügen Wahlen gewonnen werden und jedes Bild, jeder Text, jedes Video im Internet gefälscht sein kann“…

Lessmann brach ihr Schweigen über wichtige Abschnitte ihrer Biografie im Januar 2024 in Köln. Ein feministisches Frauenbündnis hatte zu einer Demonstration gegen Antisemitismus – und speziell gegen die Verschwörungstheorie, dass die Hamas keine Frauen und Kinder vergewaltigt habe bei dem Massaker vom 7. Oktober – aufgerufen. Lessmann erzählte mitten in der Stadt ihre Geschichte. Vom Vater, der geschwiegen habe über die Konzentrationslager, was sie verstanden habe, und das Schweigen nach dem 7. Oktober, was sie nicht verstanden habe. Sie sprach auch darüber, wie sie selbst als vierjähriges Mädchen das „Gerücht über die Juden“ erlebt hatte und aus ihrer polnischen Heimat herausgerissen worden war…“

>> zum gesamten Beitrag im Kölner-Stadtanzeiger, 7.10.25


Trauma, Schuld, Scham und Verständigung

Aufarbeitung von Wehrmachtsverbrechen in der Bretagne

Nach 85 Jahren sprachen Nachkommen von Opfern und Tätern im Juli 2025 gemeinsam über Traumata, Schuld, Scham und Aussöhnung. Fast hundert Interessierte kamen in Bremen zu der gemeinsamen Veranstaltung der St. Rembertigemeinde, des Bremer Institut Français und des PAKH e. V. unter dem Titel: „Juni 1940 – Wehrmachtsverbrechen in der Bretagne“. Aus Frankreich waren Françoise und Yvonne Kérandel angereist,  Enkeltöchter von Jean-Marie Kérandel, einem damals 57-jährigen Bauern und Vater von acht Kindern, der im Juni 1940 von einer Wehrmachtseinheit ermordet worden war. Außerdem nahm der Lokalhistoriker Gildas Saouzanet teil. Saouzanet hat dieses Verbrechen, an dem der Vater von unserem PAKH-Mitglied Christoph Sodemann beteiligt war, detailliert recherchiert. Ein sehr bewegender Abend für alle Beteiligten. Ein ausführlicher Bericht findet sich in der Sommerausgabe der Bremer Kirchenzeitung.

Foto: Françoise Kérandel (v. l.), Lokalhistoriker Gildas Saouzanet, Yvonne Kérandel, Christoph Sodemann und Psychoanalytiker Peter Pogany-Wnendt in der St. Remberti-Gemeinde Bremen c/o Bremer Kirchenzeitung

Foto: PAKH-Vorstand Peter Pogany-Wnendt und PAKH-Mitglied Christoph Sodemann

PAKH in: Breaking the Silence

Looking back at World War II Family Histories
Surveys in recent history have shown that many Germans want to believe that their ancestors had nothing to do with the crimes committed by Nazi Germany. Members of the younger generation, though, now want to know for sure — also out of concern for Germany’s political future

By Susanne Beyer, Der Spiegel Geschichte 19/2025, May 3rd 2025

„Children, meanwhile, have an extremely intimate relationship with their parents, says the Cologne-based doctor and psychotherapist Peter Pogany-Wnendt, the descendant of Holocaust victims who is a member of the board at the Working Group for Intergenerational Consequences of the Holocaust. First and foremost, he says, because children are existentially reliant on their parents during the first years of their lives. „The close bonds remain even if they don’t get along well” – which means, he says, that the stories told by parents are often not questioned.“

>> read full article (behind a paywall)



PAKH in: Das Schweigen durchbrechen

Familiengeschichten im Nationalsozialismus
Susanne Beyer, Spiegel Geschichte 19/2025
3. Mai 2025

Was haben Vorfahren während der Hitlerzeit gemacht? Viele Deutsche wollen glauben, ihre Familien sien an Kriegsverbrechen, Gewalt und Judenmord unbeteiligt gewesen. Nun aber rütteln Jüngere an den Tabus, auch aus politischen Gründen.

Spiegel-Autorin Susanne Beyer berichtet in dieser Spiegel-Ausgabe auch über PAKH

>> zum Beitrag (hinter einer paywall)


PAKH in: Susanne Beyer: Kornblumenblau

Der geheimnisvolle Tod meines Großvaters 1945 und die Frage, was er mit den Nazis zu tun hatte. Eine Spurensuche

Eine Kriegsenkelin auf der Spur eines düsteren Familiengeheimnisses

Susanne Beyer hat ihren Großvater nie kennengelernt. Er starb unter mysteriösen Umständen in den letzten Tagen des Zweiten Weltkriegs. Wer hat ihn erschossen? Und was war eigentlich seine Aufgabe im NS-Staat?

In fast jeder Familie schlummern Geheimnisse: Haben die Eltern oder Großeltern während der NS-Zeit Schuld auf sich geladen? Was verschweigen die Geschichten, die von Generation zu Generation weitergegeben werden? Susanne Beyer versucht, 80 Jahre nach dem Tod des Großvaters die Wahrheit herauszufinden. Dabei wird ihr immer klarer, welche Folgen die Vergangenheit für ihr eigenes Leben hat.

Ein bewegendes Buch über eine Spurensuche und die Auswirkungen von Familiengeheimnissen auf die Gegenwart – mit vielen hilfreichen Hinweisen für alle, die mehr über die eigenen Vorfahren und sich selbst herausfinden möchten.

>> Link zum Buch bei Penguin

Familiengeheimnisse. Gefühlserbschaften der NS-Zeit

Theater Mühlheim an der Ruhr im Gespräch mit Alexandra Senfft und Peter Pogany-Wnendt (Vorsitzende PAKH)
2. März 2025

„Das Theater an der Ruhr beschäftigt sich in der aktuellen Spielzeit 2024/25 mit dem Thema Geheimnis. In unserem Rahmenprogramm, das unsere künstlerischen Arbeiten um weiterführende Perspektiven ergänzt, konnten wir am Sonntag, den 2. März die beiden Vorsitzenden des PAKH e.V. Alexandra Senfft und Peter Pogany-Wnendt zu einem intensiven Doppelgespräch im Theaterfoyer begrüßen.

Unter dem Titel „Familiengeheimnisse. Gefühlserbschaften der NS-Zeit“ sind unsere Gesprächsgäste gemeinsam mit dem Publikum in ihre jeweiligen Familiengeschichten vorgedrungen – und haben mit großer Einfühlsamkeit und Offenheit die Notwendigkeit gesprochen, sich der eigenen verborgenen Familiengeschichte zu stellen – und über den Schmerz, der mit diesem Unterfangen oft verbunden ist. Rund um die lange Tafel, die im Foyer aufgebaut war, versammelten sich in einer intimen Gesprächsatmosphäre rund 40 Zuhörerinnen und Zuhörer, die mit großer Aufmerksamkeit Fragen stellten – und deutlich werden ließen, wie groß das Bedürfnis ist, gerade auch in heutigen Zeiten den Geschehnissen der Vergangenheit auf den Grund zu gehen und im Dialog darüber zu bleiben. Das Gespräch wurde von der Dramaturgin Constanze Fröhlich moderiert.“

>> Theater Mühlheim an der Ruhr

Von nichts gewusst? Spuren der NS-Geschichte in unseren Familien

PAKH-Vorständin Alexandra Senfft in der ARD alpha Sendung vom 24. November 2024

>> zur Mediathek ARD alpha

Nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges haben viele Familien die eigene NS-Vergangenheit verdrängt oder geschönt dargestellt. Geschichten von Widerstand und Heldentaten überlagern oft die unliebsamen Wahrheiten. Auch in Familien der Opfer wurde häufig geschwiegen. Zu groß der Schmerz, zu tief die Wunden. Aber das Schweigen hat Auswirkungen auf die nachfolgenden Generationen. Welche Auswirkungen sind das? Darum soll es in den diesjährigen „Gesprächen gegen das Vergessen“ gehen. Moderator Andreas Bönte lädt die Nachfahren von Holocaustüberlebenden, Rachel Salamander und Michael Wolffsohn, sowie die Nachfahrin eines NS-Kriegsverbrechers, Alexandra Senfft, zum Gespräch ins Münchner Volkstheater ein. Wie haben sie jeweils die Aufarbeitung in ihren Familien erlebt? Die weiteren Gäste sind der 21-jährige Marco Artmann, der in seinem erfolgreichen Podcast „Opa lass reden“ gemeinsam mit seinem Großvater auf Spurensuche gegangen ist. Neben einer wissenschaftlichen Einbettung des Themas durch den Diplom-Psychologen Louis Lewitan werden Musikeinlagen des preisgekrönten Augsburger Violinisten Nico Franz sowie Filmbeiträge und Schülerauftritte die Theaterbühne zu einem Forum gegen das Vergessen machen.

Von links: Prof. Dr. Michael Wolffsohn und Dr. Rachel Salamander (beide Nachfahren von Holocaustüberlebenden), Andreas Bönte (Moderator), Marco Artmann (Podcast „Opa lass reden“), Alexandra Senfft (Nachfahrin eines NS-Kriegsverbrechers) und Louis Lewitan (Psychologe und Autor). Foto: Bayerischer Rundfunk

Gegen das Vergessen

Gefühlserbschaften aus der NS-Zeit – vom Monolog zum Dialog

Am 7. November 2024 nahmen die PAKH-Vorsitzenden Peter Pogany-Wnendt und Alexandra Senfft an Gesprächen „Gegen Vergessen“ in Borken (Westfalen) teil. Vor über 120 Zuhörerinnen und Zuhörern teilten die beiden ihre Erfahrungen in Form eines dialogischen Vortrags und diskutierten anschließend mit dem Publikum.
In Vorbereitung auf die Veranstaltung gab Alexandra Senfft der Borkener Zeitung ein Interview.

BZ: Inwieweit verdrängen Nachfahren die NSDAP- und/ oder SS-Vergangenheit ihres Vaters oder Großvaters beziehungsweise wollen diese nicht wahrhaben? Ist die AfD-Vorsitzende Alice Weidel mit ihrem Dementi glaubwürdig, von der Tätigkeit ihres Großvaters als Militärrichter während des Nazi-Regimes nichts gewusst zu haben?

Senfft: Die AfD hat die Verleugnung der NS-Vergangenheit in empörendem Maß auf die Spitze getrieben, ihre Lügen über die Verbrechen der Nazis sind infam. Aber ihre Haltung fällt ja bei vielen auf fruchtbaren Boden, weil es leider weit verbreitet ist, sich den NS-Tätern und -Täterinnen sowie Mitläufer- und Mitläuferinnen in der eigenen Familie nicht zu stellen. Die Täter werden dabei zu abstrakten Dritten, selten wird anerkannt, dass es Menschen au unserem engsten Umkreis waren. Doch wie konnte es dann überhaupt zu solchen Verbrechen kommen, wenn die Tatsache, dass die meisten Deutschen irgendwie daran beteiligt waren, verdrängt wird? Es ist nicht leicht, sich einzugestehen, dass vielleicht sehr geliebte oder verehrte Angehörige Mittäter wurden. Doch ich halte es für einen notwendigen Schritt, sich damit auseinanderzusetzen, um nachhaltig aufzuklären. Dass die AfD an dieses Leugnen heute so erfolgreich anschließen und menschenfeindliche Parolen verbreiten kann, ist ein Hinweis darauf, dass diese Aufklärung innerhalb der eigenen Familie viel zu wenig stattgefunden hat.

>> zum gesamten Interview

Alexandra Senfft mit Peter Pogany-Wnendt, Borken, 7.11.2024 Foto: Jean-Michel Simon

Hitlers langer Schatten: Welche Spuren hat die NS-Vergangenheit in Ihrer Familie hinterlassen?

Alexandra Senfft, 2. Vorsitzende des PAKH, im ARD Alpha „Tagesgespräch“ Live und parallel in Radio Bayern 2

Im Gespräch waren u. a. auch Menschen, die im PAKH stark vertreten sind: Nachkommen aus Familien, die einerseits jüdisch und anderseits Nazis waren, Nachkommen des politischen/kommunistischen Widerstands, Sinti und Roma.

19. Juli 2024

>> zum ARD Tagesgespräch Live

>> zu Radio BR 2

Foto: BR2 /ARD Alpha