Was ermöglicht Diktaturen und was erhält sie aufrecht? – Samstagsgespräch

Gesprächs- und Diskussionsforum zur Vergangenheitsbewältigung des Holocaust

Als einleitende Schrift zur Thematik wurde das Buch “Adressat unbekannt” gewählt. “Adressat unbekannt“ ist eine kurze Geschichte der auch heute noch völlig unbekannten amerikanischen Autorin Kressmann Taylor, die erstmals 1938 in der New Yorker Zeitschrift “Story“ erschienen ist und nun glücklicherweise neu aufgelegt wurde:

Auf nur sechzig Seiten wechseln zwei Freunde und Geschäftspartner in den Jahren 1932 bis 1934 einige Briefe. Mehr geschieht nicht. Doch welche Briefe!

Max, ein Jude, lebt in Amerika und führt dort das gemeinsame Kunsthaus weiter, das er zusammen mit Martin gegründet hat. Martin ist Deutscher und reist mit seiner Familie im Jahre 1932 von Amerika nach Deutschland zurück, um dort seine Söhne zur Schule zu schicken. Bald schon bekleidet er ein öffentliches Amt und Hitlers Politik greift in den Briefwechsel ein. Für Max ist die Situation in Deutschland völlig unverständlich, während Martin immer mehr von Hitlers Ideen in Bann gezogen wird. Am liebsten würde er den Kontakt mit seinem ehemaligen Freund ganz einschlafen lassen. Als Max ihn darum bittet, seiner Schwester, die in Wien als Schauspielerin wegen ihres Judentums verfolgt wird, zu helfen, wird ihre Freundschaft auf eine harte Probe gestellt.
Aus Freunden werden erbitterte Feinde und der Briefwechsel endet tödlich.

Selten wurde das Dritte Reich so exakt mit wenigen Seiten getroffen: Die alles durchdringende nationalsozialistische Ideologie, der Hass auf die Juden und die Angst, auch bei Intellektuellen, sich eigene Gedanken zu erlauben

Weitere Literaturtipps:
Fred Uhimann: “Der wiedergefundene Freund”
Robert Gellately: “Hingeschaut und Weggesehen. Hitler und sein Volk”