Mein Vater der Mörder – Eine Tochter klagt an

Film von Yoash Tatari (WDR) – Mit der Betroffenen Frau Beate Niemann

Zur Einführung (WDR Filmbeschreibung):
Eine energische Frau vor Berliner Polizeibeamten, martialisch aufgebaut hinter Schutzschilden. Sie sind im Einsatz gegen Demonstranten, die gegen einen NPD-Aufmarsch protestieren. Die ältere Berlinerin will von den Beamten wissen, warum sie die Straße räumen soll. “Wir haben unsere Befehle!“ heißt es. Die Frau stutzt, dann sagt sie: “Das hat mein Vater auch immer gesagt. Mein Vater war auch bei der Polizei“.

Damit beginnt die einzigartige Spurensuche der Beate Niemann nach den Verbrechen ihrer Eltern. Zum Beispiel am Grab der Gertrud Leon auf dem Friedhof Weissensee. Ihr hatten Beates Eltern das Haus für ein paar Mark “abgekauft“. Dann wurde Frau Leon deportiert und in Auschwitz ermordet. Das war im Sommer 1942, als Beate Niemann zur Welt kam.

Frau Niemann hat diese Geschichte genau rekonstruiert. Sie weiß, dass ihre Mutter sie ein Leben lang belogen hat: “Der arme unschuldige Vater“, hieß es immer in ihrer Familie, der – 1947 aus West-Berlin verschleppt – den Rest seines Lebens in DDR-Gefängnissen verbracht hatte. Beate wollte ihren Vater rehabilitieren, als sie sich nach der Wende Zugang zu den Gauck-Akten verschaffte. Die Wahrheit war brutal: Bruno Sattler, ihr Vater, war Massenmörder im Dienste der Nazis.

Beate Niemann hat sich der Geschichte ihrer Familie gestellt: Sie forscht, sucht, schreibt auf – detailversessen. Aus den Notizen soll ein Buch entstehen für ihre Kinder und Enkelkinder. Der dreifache Grimme-Preisträger Yoash Tatari hat Frau Niemann ein Jahr lang auf ihrer unerbittlichen Spurensuche begleitet. Herausgekommen ist ein zutiefst deutsches Dokument: von Tätern und Opfern, Nazis und Kommunisten, Westdeutschen und Ostdeutschen.

Der Film erzählt seine Geschichte eindringlich und rasant. Mit einer suggestiven Montage liefert Tatari Einblicke in die Verbrecherkarriere des Bruno Sattler. Ohne Kommentar, aber mit Szenen wie Keulenschläge, so unvermittelt und brutal wie die Tochter sie erlebt: Lakonische Aktennotizen eines monströsen Verbrechens.

“Ich will diese Verbrechereltern nicht“, sagt die Tochter am Ende des Films. Aber die Zuschauer wissen: diese Frau wird weiter suchen.