Unbewusste Erbschaften des Nationalsozialismus
Uta Ottmüller, in: >> Learning from History
Internal Racism, Antisemitism and Islamophobia
A Psychoanalytic Approach
M. Fakhry Davids, London
Vortrag im IPD – Institut für Psychoanalyse und Psychotherapie Düsseldorf
Eine Veranstaltung Düsseldorfer Arbeitsgruppe der Deutschen Psychoanalytischen Gesellschaft (DPG) in Kooperation mit dem Institut für Psychoanalyse und Psychotherapie im Rheinland e.V. sowie dem Arbeitskreis für Intergenerationelle Folgen des Holocaust, ehemals PAKH e.V. (Köln -Düsseldorf)
Fakhry Davids geht davon aus, dass Rassismus nicht allein durch psychische Kräfte entsteht, sondern immer auch gesellschaftlich bedingt ist. In seinem Konzept des „Internal Racism“ versteht er psychische Prozesse im jeweiligen gesellschaftlichen Kontext. Psychoanalytisch bezieht er sich auf objektbeziehungstheoretische Ansätze in der Psychoanalyse und auf eine zeitgenössische Sicht von Abwehrorganisationen. Anhand von klinischem Fallmaterial begründet er die Annahme einer inneren rassistischen Abwehrorganisation, die nach innen hin der Angstabwehr diene. Sie nutze aber gleichzeitig in der äußeren Welt existierende soziale Stereotype, um sich den Anschein von Normalität zu geben. Davids nennt dies eine „normale pathologische Organisation“. Vor diesem Hintergrund beschäftigt er sich mit aktuellen Formen von Antisemitismus und Islamophobie. (Vortrag in englischer Sprache mit deutschen Untertiteln)
Am Samstag, 30. Mai 2015, fand ein Kasuistisch-technisches Seminar statt.
Anhand von Gedächtnisprotokollen wurden zwei Ausschnitte aus laufenden hochfrequenten Psychoanalysen vorstellt und von Fakhry Davids supervidiert.
Zum Referenten:
M Fakhry Davids, London (MSc Clin. Psych., F Inst Psychoanal, IPA, PCCA) ist Psychoanalytiker in privater Praxis in London. Er qualifizierte sich zum Klinischen Psychologen in seinem Geburtsland Südafrika, bevor er nach London zog, um dort eine Ausbildung an der Tavistock Clinic und am Britischen Institut für Psychoanalyse zu machen. Er ist Gastdozent an der Tavistock Clinic und war zuvor Dozent für Psychologie an der Universität von Kapstadt, Psychotherapeut am Nafsiyat Intercultural Therapy Centre, London, und Honorarberater an der London Clinic of Psychoanalysis. Sein Buch, „Internal Racism: A Psychoanalytic Approach to Race and Difference“ wurde 2011 bei Palgrave Macmillan publiziert. Er ist Mitglied der Tavistock Society of Psychotherapists, der British Psychoanalytical Society und der IPA, sowie ein Gründungsmitglied der Partners for Confronting Collective Atrocities (PCCA e.V).
Angela Moré: Die unbewusste Weitergabe von Traumata und Schuldverstrickungen an nachfolgende Generationen
Erschienen in: Günter Mey: „Von Generation zu Generation“
Angela Moré vergleicht die Ähnlichkeiten und Unterschiede transgenerationaler Vererbungsinhalte und ihrer Folgen bei Nachkommen von Überlebenden der Shoah und bei Nachkommen von NS-Täter/innen. Im Anschluss daran werden die Mechanismen analysiert, die diese unbewussten Übertragungsprozesse ermöglichen. Zu deren Erklärung werden die Erkenntnisse über Interaktionen in der frühesten und frühen Kindheit, die in der psychoanalytisch orientierten Säuglingsforschung, Bindungstheorie und im Mentalisierungsansatz gewonnen wurden, herangezogen.
Angela Moré ist Mitglied des Arbeitskreises für Intergenerationelle Folgen des Holocaust — PAKH. Sie ist Sozialpsychologin und Gruppenanalytikerin.
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Psychoanalytic Reflections on Being a White South African Man and a Child of German-Jewish Refugees
The Internalisation of Ambivalence
Vortrag im IPD – Institut für Psychoanalyse und Psychotherapie Düsseldorf
Tony Hamburger
Psychoanalytischer Psychotherapeut und Klinischer Direktor von Ububele
Tony Hamburger wurde in Südafrika geboren. Seine jüdischen Eltern flüchteten vor den Nazis aus Deutschland vor Beginn des Zweiten Weltkriegs. Während sie selbst im Dritten Reich der Gruppe der Verfolgten angehörten, mussten sie und auch Tony Hamburger selbst sich später als Weiße in Südafrika der Gruppe der Privilegierten zurechnen.
In seinem Vortrag berichtete der Referent über seine Erfahrungen als Kind von Verfolgten, aufgewachsen als Weißer während der Apartheid, und über seinen Prozess des „Durcharbeitens“ dieser Problematik als psychoanalytischer Psychotherapeut…
Angela Moré: NS-Täterschaft und die Folgen verleugneter Schuld bei den Nachkommen
Erschienen in: Jan Lohl, Angela Moré (Hg.): „Unbewusste Erbschaften des NS. Psychoanalytische, sozialpsychologische und historische Studien“
Der Beitrag greift die Erkenntnisse über die unbewusste transgenerationale Weitergabe unverarbeiteter Traumatisierungen (hier insbes. bei den Überlebenden des Holocaust) auf sowie Erkenntnisse über ähnliche Mechanismen bei den Nachkommen von Täter/innen. Die Autorin geht explizit auf die Besonderheiten bei dieser Gruppe von Nachkommen ein.
Angela Moré ist Mitglied des Arbeitskreises für Intergenerationelle Folgen des Holocaust — PAKH. Sie ist Sozialpsychologin und Gruppenanalytikerin.
Ruanda – 20 Jahre nach dem Genozid
Die Destabilisierung einer Region, und was Deutschland damit zu tun hat
Univ.-Prof. Nando Belardi
Vortrag im EL-DE-Haus (NS-Dokumentationszentrum der Stadt Köln)
Vor 20 Jahren, am 6. April 1994, begann der Genozid an den Tutsi in Ruanda. Innerhalb von etwa 100 Tagen wurden knapp eine Million Menschen ermordet. Heute wissen wir, dass keine Stammeskonflikte zu dem Völkermord führten, sondern dass die bis 1959 privilegierte Volksgruppe der Tutsi von einer militanten Gruppe innerhalb der ruandischen Bevölkerungs-mehrheit der Hutu planmäßig umgebracht werden sollte.
„Ruanda – 20 Jahre nach dem Genozid“ weiterlesenBalagan
Ein Dokumentarfilm von Andres Veiel
Filmvorführung im EL-DE-Haus (NS-Dokumentationszentrum der Stadt Köln)
Der Film porträtiert drei Schauspieler des israelischen Theaterzentrums Akko. Er dokumentiert ihre Inszenierung über die NS-Verfolgung und deren Folgen und zeigt zugleich den Zwiespalt, in dem sich die jungen jüdischen Schauspieler heute noch befinden.
Näheres zum Inhalt des Films ist im Artikel von Anne Frederiksen (Die Zeit) nachzulesen.
Schrecken ohne Ende?
Die psychischen Folgen von Nazi-Terror und Folter und ihr Fortwirken in den nachfolgenden Generationen
Prof. Dr. Klaus Ottomeyer
Klaus Ottomeyer hat sich wissenschaftlich und als engagierter Psychotherapeut mit den Folgen extremer politischer Gewalt befasst. In Klagenfurt/ Kärnten – seiner Arbeitsstätte – war bis zum Regierungswechsel im März 2013 die Arbeit mit den lange missachteten Opfern des Nationalsozialismus und ihren Familien, mit der slowenischen Minderheit sowie mit den traumatisierten Flüchtlingen aus Kriegsgebieten eine besondere Herausforderung. Sein zentrales Anliegen dabei ist die nicht auflösbare Dialektik von Widerstand und Anpassung, von individueller und kollektiver Spannung, die von allen, die sich mit dem Thema befassen, reflektiert und in die Arbeit mit einbezogen werden muss.
„Schrecken ohne Ende?“ weiterlesenDie Auswirkungen des Holocaust auf die 2. Generation der Sinti und Roma
Gemeinsame Veranstaltung des Dokumentations- und Kulturzentrum Deutscher Sinti und Roma und PAKH in Heidelberg
Am Vormittag führte Silvio Peritore, der Leiter des Kultur- und Dokumentationszentrums durch die ständige Ausstellung des Hauses zum Thema „Der Genozid an den Sinti und Roma“ mit anschließender Diskussion.
Zum Einstieg in die dann folgende Veranstaltung wurde die Arbeit des Zentralrats der deutschen Sinti und Roma durch Herrn Peritore vorgestellt. Michael Teupen gab eine kurze Übersicht über die Arbeit des Bundesverbands „Information und Beratung für NS-Verfolgte“ in Köln und Peter Pogany-Wnendt über die Arbeit von PAKH.
„Die Auswirkungen des Holocaust auf die 2. Generation der Sinti und Roma“ weiterlesenKulturelles Erinnern szenisch gestalten?
Eine Einführung in die Living Sculpture-Arbeit
Prof. Dr. Björn Krondorfer
Individuen sind unweigerlich in einer Familie, in der jeweiligen Kultur, Nation, religiösen Gemeinschaft und anderen Gruppen, in die sie hineingeboren werden, eingebettet. Daher sind sie immer mit der Geschichte der jeweiligen Gruppen eng verflochten. Geschichte ist das persönliche und kollektive Erbe, das uns von unseren Vorfahren mitgegeben wird. Das ist für Mitglieder inzwischen eine selbstverständliche Erfahrung, die aus der Arbeit im PAKH hervorgegangen ist.
Wie lassen sich zwischenmenschliche und interkulturelle Begegnungen gestalten, die sich im Spannungsfeld von Erinnerungsarbeit und gegenwärtiger Bewusstwerdung bewegen? Der Dialog, den wir in PAKH über die Jahre miteinander führen, hat Begegnungen trotz unterschiedlichster Geschichten ermöglicht. Zunehmend haben wir konstruktive Umgangsformen mit dem schwierigen Erbe entwickelt.
Das Sprachliche ist allerdings nur eine Zugangsform zum transgenerationellen Erbe. Körperliche und szenische Arbeit kann ein weiterer Zugang sein, vor allem für die Aspekte, für die keine Sprache gefunden werden kann. Diesen Zugang hat uns Björn Krondorfer mit Hilfe seiner „Living Sculptures“- Arbeit als eine Form praktischer Körperarbeit erfahrbar gemacht. Mit Hilfe interaktiver und kreativer Methoden wurden narrative, familienbiographische und (kultur-)psychologische Strukturen und Dynamiken wahrnehmbar und bearbeitbar gemacht. Dabei hat er sich auf das für PAKH zentrale Anliegen konzentriert: Das Erkennen des transgenerationellen Erbes und seine Verwandlung in konstruktive Kräfte, die produktive zwischenmenschliche Begegnungen ermöglichen.